Spektakulär

Manchmal wünschte ich, ich könnte mir den Kopf meines virtuellen Gegenübers schnappen und ihn ab… Pardon, aufschneiden. Natürlich nur, um zu beobachten, was darin vorgeht. Denn das muss interessant sein bei einem Menschen, der mir eine Mail schreibt, laut derer es quasi meine Pflicht ist, alles stehen und liegen zu lassen,  um sofort einen Artikel, eine Rezension und was weiß ich noch alles über das – so wörtlich – „spektakuläre“ Machwerk des Absenders, der mir völlig unbekannt ist, zu verfassen.

Nun, ich habe die vermeintliche Pflicht Pflicht sein lassen. Und das Aufschneiden (wie passend!) spare ich mir auch. Ist mir zu spektakulär.

Ein-Satz: Einen Moment schien es ihm …

Einen Moment schien es ihm, als ob sie lächelte. Aber er musste sich getäuscht haben, denn schon im nächsten Moment haftete die Trauer wieder an ihr und vermischte sich mit dem Regen, dem sie sich ohne jeden Schutz auslieferte, zu einem Bild der Verzweiflung.
„Oh, Herrin, bittet wartet! Ihr werdet ja ganz nass. Ich geleite Euch mit dem Schirm.“
Die Gräfin antwortete nicht, sah ihn gar nicht an.
„Kommt herein, sonst erkältet Ihr euch noch.“
Sie setzte ihren zarten nackten Fuß auf den matschigen Boden und schritt gemächlich zu den Stallungen, als wandere sie durch einen warmen Sommertag. Wie schlafwandelnd wirkte sie, derweil der Saum ihres weißen Kleides durch die Pfützen schleifte und sich dunkel färbte.
Wieder fiel es Gunther schwer, sich von dem Anblick loszureißen, aber endlich rannte er ins Haus, nur um sogleich wieder umzukehren. Er würde sie doch nicht mehr trocken in die Kutsche bekommen. Stattdessen stürmte er nun an ihr vorbei und winkte Diederich, er möge der Herrin mit dem Wagen entgegenkommen. Schweigend setzte sie sich, durchnässt wie sie war, in die Kabine und starrte auf die gegenüberliegende Wand.
Gunther lief nun wieder ins Haus, um die Koffer zu holen.

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Die ganze Geschichte