Zählen

Gestern erinnerte ich mich zufällig an eine Art Abzählvers, den ich mit einem Erlebnis aus meiner Jugendzeit verbinde. Damals durften ein paar Freunde und ich in der Rostocker Innenstadt überraschend unsere läuferischen Fähigkeiten unter Beweis stellen. Den Anlass dazu lieferte eine andere Gruppe Jugendlicher, mit der wir gewissermaßen aneinandergerieten. Oder eben auch nicht.

Persönlich bekannt war uns keiner der anderen. Zumindest gingen wir davon aus. Prüfen ließ sich das auf die Schnelle nicht. Denn wir waren besagten Jugendlichen gerade erst an einer Kreuzung über den Weg gelaufen, als wir schon losliefen. Dabei waren die anderen sogar noch ein Stück von uns entfernt, wir hatten keinerlei Blickkontakt geschweige denn sonst irgendwelche Berührungspunkte. Wir hatten einfach nur gehört, wie sie zählten. Denn das hatten sie (Gott sei Dank) laut und deutlich getan: „Eins, zwei, drei, vier … Wir sind mehr!“

Schreibexil

Am 10. Mai geht es ins Schreibexil. Eine Woche in Leogang in der Nähe von Salzburg mit lieben Kollegen und Freunden inklusive meiner Freundin gemeinsam in einem schönen Haus wohnen und schreiben. Unter anderem an meinem Serienprojekt. Ich freu mich schon sehr darauf.

Wien

© vesna cvorovic

© vesna cvorovic

Wenn dieser Artikel erscheint, bin ich bereits auf dem Weg nach Wien. Ich sitze also gerade im Zug und werde heute Abend ankommen. Ein paar Tage in der Heimatstadt meiner Freundin. Mit meiner Freundin! Ein kleines Programm hat sie schon für mich zusammengestellt. Unter anderem in den Tiergarten geht es, auf den Prater und in die Hofreitschule. Vor allem aber werde ich beim Wiener Montségur-Autorenstammtisch zum Ehrenwiener erklärt.

Bin schon ganz aufgeregt. Hätte mir vor ein paar Jahren jemand erzählt, ich würde mal nach Wien fahren, um dort Kollegen und Freunde wiederzutreffen, hätte ich ihm wahrscheinlich einen Vogel gezeigt. Ganz besonders, wenn er behauptet hätte, ich würde dort auch meine Freundin treffen.

Muster und Anders

© Arno Bachert / pixelio.de

© Arno Bachert / pixelio.de

Moritz Muster war vor allem zweierlei: ein guter Polizist und ein guter Freund.

Ersteres war er nicht zuletzt aufgrund zweier Eigenschaften, die ihn seit jeher auszeichneten: seiner Wahrheitsliebe und seiner Abscheu vor denjenigen, deren Handlungen den Gesetzestexten widersprachen.

Seine Freundschaft konnte sich sichern, wer mit vorgenannten Eigenschaften nicht kollidierte. Und obgleich sich ihr jeder, der sie sich auf ehrliche und rechte Art erworben hatte, absolut sicher sein und fortan einen Freund sein eigen nennen konnte, wie ihn sich die meisten Menschen wünschten, galt das in besonderem Maße für Andreas Anders.

Moritz und Andreas kannten sich seit frühen Jugendtagen und hatten seitdem viele gemeinsame Stunden genossen, gegenseitig auf einige Erfolge angestoßen und sich in mancher Krise beigestanden. Noch immer waren die Anders’ wie eine Familie für Moritz, die ihm jene ersetzte, die er selbst sich nie aufbauen konnte. Denn leider sind es im Leben nicht die ehrlichen und rechtschaffenen Männer, die sich wie von selbst der Aufmerksamkeit der Damen erfreuen, besonders dann nicht, wenn sie Polizisten sind.

Wer ihn nicht kannte, konnte Moritz verdächtigen, nur darum die Nähe zu Andreas Anders zu suchen, weil dieser inzwischen ein beträchtliches Vermögen sein eigen nannte, mit dem er bei seinem Freund nicht geizte. Aber es bedurfte nicht viel, zu erkennen, wie absurd ein solcher Vorwurf war. Der Polizist konnte mit seinem kleinen Gehalt leben und hätte es ohne nachzudenken noch geteilt, wäre es dem anderen schlechter ergangen, dessen Freigiebigkeit ihn stets aufs Neue peinlich berührte.

Im Großen und Ganzen war Moritz Muster ein zufriedener Mann, was sich anlässlich eines steten Lächelns auch in seinem Gesicht ablesen ließ. Bis zu dem Tag, an dem die Freunde wie schon so oft einen gemütlichen Abend im Hause der Anders’ verbrachten. Möglicherweise aus einer Laune heraus, die dem bereits mehrfach geleerten Weinglas entsprungen war, legte Andreas vor dem Freunde eine Beichte ab. Es sei unrecht, würde der beste Kamerad, den er je gehabt habe, nicht darum wissen, dass sein durchaus hart erarbeitetes Vermögen zum Hauptteil auf illegalen Geschäften beruhe.

Moritz verließ das Haus des Freundes und wusste nicht, wie er es je wieder betreten solle. Am anderen Morgen traute er sich nicht, zur Arbeit zu gehen. Den ganzen Tag streunte er durch die Straßen und fand keine Lösung für sein Dilemma. Am Abend betrat er eine Kneipe, in der er nie zuvor gewesen war. Wer ihn beim Hereinkommen beobachtete, war erstaunt, welche Entschlossenheit in seinem Blick lag. Vielleicht trank er zu viel, vielleicht gerade genug. Er drehte sich plötzlich im Kreis und schoss mit seiner Dienstwaffe auf alles, was sich nicht bewegte. Als er allein im Raum war, setzte er sich zurück an den Tresen, die Waffe offen neben sich, lächelte und wartete auf die Kollegen, die ihn dorthin bringen sollten, wo er nach Recht und Gesetz hingehörte.

Mc Pom Fritz: Ob es passt

Heute beim Einkaufen hat Bianca wohl was gemerkt. Jedenfalls hat sie mich gefragt, ob mit mir alles in Ordnung ist. Erst hab ich gesagt, ja, ne, aber als sie noch zweimal gefragt hat, hab ich sie gefragt, was das denn mit Bernhard wäre. Nichts, hat sie gesagt. Und dann hat sie gesagt: Na ja, ich finde ihn schon ganz süß, aber ich weiß noch nicht, ob ich mit ihm was anfangen soll. Da hab ich gefragt, warum sie das noch nicht wüsste, ne. Und sie meinte, sie hätte ihn ja erst im Urlaub etwas besser kennengelernt und sie wollte sich noch ein bisschen Zeit lassen, dieses Mal, damit sie weiß, ob es wirklich passt.

Ich hab dann erst mal nichts mehr gesagt. Auf dem Rückweg hat sie mich dann gefragt, ob wir nicht gemeinsam mit Bernhard was unternehmen wollen. Dann würde ich ihn auch kennenlernen und könnte ihr sagen, was ich von ihm halte. Ich bin plötzlich richtig sauer geworden, ne. Nein, hab ich gebrüllt, ich will ihn gar nicht kennenlernen und ich weiß jetzt schon, was ich von ihm halte. Nämlich gar nichts, ne. Außerdem interessiert mich viel mehr, wie lange du noch brauchst, um zu merken, dass es zwischen uns wirklich passt.

Bianca hat mich richtig erschrocken angeguckt. Das tat mir auch gleich leid, aber ich war auch immer noch so wütend. Und Bianca hat auch nicht lange so geguckt, also erschrocken, ne. Sie hat auch gar nichts mehr gesagt. Als wir ausgestiegen sind, hat sich sich nicht einmal verabschiedet.

Gerade hat sie angerufen und gesagt, sie hätte gedacht, wir könnten gute Freunde werden. Aber das hätte ich jetzt kaputt gemacht. Dann hat sie aufgelegt. Und jetzt?

Mc Pom Fritz