Eingelockt

Derzeit lese ich seit vielen, vielen Jahren mal wieder Sherlock Holmes. Grund dafür ist diese Reihe des Blitz-Verlags, an der ich mich gern schreibend beteiligen möchte. Ich hoffe, ich kann euch bald von ersten Ideen berichten.

Für Weihnachten 2014 ist außerdem ein neuer PersonalNOVEL-Roman angedacht, an dem ich bereits plotte. Die Idee dafür fand bei der Lektorin bereits Anklang. Auch dazu später mehr.

Weltliteraturfernsehen

Kennt ihr übrigens die Sendung „Klassiker der Weltliteratur“ auf BR-alpha? Ich leider nicht, denn so gern ich sie auch sehen würde, ich empfange derzeit leider diesen Sender nicht.

Das soll mich aber nicht davon abhalten, die Reihe zu empfehlen, in der Tilman Spengler durch die Literaturgeschichte führt. Heute Abend geht es beispielsweise um Honoré de Balzac.

Serienproduktion

Mein Kopf entwickelt derzeit Ideen in Serie. Im doppelten Sinn, denn es sind eben Ideen, die als Grundlage für eine Serie dienen könnten. Doch erst heute hat mich eine Idee so richtig überzeugt. Nicht so sehr, weil sie so viel besser gewesen wäre als die vorigen, sondern weil sie besser zu meinem Vorhaben passt.

Eine Serie oder Reihe zu machen, schwebt mir schon länger vor (wenn denn irgenwann mal die Zeit dafür wäre).  Bei den Ideen, die ich mir bisher notiert habe, dachte ich an Romanhefte. Nun denke ich aber an einen E-Book-Verlag. Und dort würde ich die einzelnen Teile gern noch kürzer gestalten, dafür mit schnellerer Erscheinungsweise. Es musste also eine neue Idee her. Und ich glaube, ich habe die Grundzüge dafür jetzt gefunden. Mal schauen.

Verhandlungsgeschick

Foto: c.

Foto: c.

„Was soll das kosten?“, fragte ich und zeigte auf einen gelben Plüschaffen mit schwarzen Streifen.
„17,99 Euro“, lautete die knappe Antwort.
„Aha“, erwiderte ich dem Verkäufer, dem die Gier aus den knapp neben den Koteletten angetackerten Mundwinkeln tropfte. Ich schaute mich weiter uninspiriert in den spärlich besetzten Auslagen des Sammlerladens um, in dem mich so rein gar nichts interessierte, bis auf diese eine Sache.

Ich griff zu einer She-Man-Actionfigur, wog den 30-Zentimeter-Amazonen prüfend in der Hand und fragte: „Und der?“
„39,98.“

Ein harter Brocken, das spürte ich. Ich beschloss, dem Kerl noch ein bisschen auf den Zahn zu fühlen, stellte She-Man wieder ins Regal und erwähnte nebenbei: „Ist nicht für mich. Meine Freundin ist leidenschaftliche Sammlerin.“
Das war nicht einmal gelogen. Sah man davon ab, dass Regine erst noch meine Freundin werden sollte. Und hier in diesem ebenso unscheinbaren wie muffigen Geschäft für völlig Abgedrehte hatte ich durch puren Zufall den Schlüssel zu ihrem Herzen entdeckt.

Ich sah auf die Uhr. Noch eine viertel Stunde, bis ich in den Zug steigen musste. Mir blieb wenig Zeit für meine Verhandlungskünste.

Jetzt griff ich zu einem bengalischen Karate-Tiger. Das hässliche Ding war genauso gefärbt wie der Plüschaffe. Ich hielt dem Verkäufer das Kampfkätzchen vor die Nase.
„25,97“, sagte der Freak, der wahrscheinlich mit den Gewinnen aus diesem Basar der Verrücktheiten seine Computerspielsucht finanzierte.

Auch das Karate-Vieh durfte zurück an seinen Platz. Gelangweilt ließ ich meinen Blick schweifen, bis er in scheinbarer Überraschung an dem an exponierter Stelle neben der mittelalterlichen Kasse ausgestellten Schreiber-Sindling hängen blieb, der in einem mit Fantasyelementen dekorierten Karton mit Sichtfolie gefangen war.

Der kleine Kerl, der über seine gesamte Länge von etwa 3,48 cm mit wuscheligem Haar bedeckt war, aus dem an einer Stelle, an der man mit großzügiger Nachlässigkeit seine Hand vermuten konnte, eine weiße Schreibfeder herauslugte, wäre mir niemals aufgefallen, hätte ich nicht aus Regines sich immer wiederholenden schwärmerischen Beschreibungen genau gewusst, wie dieses überaus seltene Exemplar auszusehen hatte. Und es war das einzige Stück, das Regine in ihrer Sammlung noch fehlte.

Ihr ständiges und überaus nervtötendes Geschwafel über Sindling-Figuren hatte seine Wirkung nicht verfehlt. Andernfalls wäre mir der diletantisch mit rotem Textmarker geschriebene Zettel hinter der gelblichen Scheibe des Schaufensters gar nicht aufgefallen: „Rarität! Schreiber-Sindling – heute reingekommen!“

Nun galt es! „Ist das nicht ein Schreiber-Sindling?“
„Richtig.“
„Das ist ja genau der, der meiner Freundin noch fehlt.“
„Das kann ich mir denken. Der fehlt so ziemlich jedem.“ Eine leichte, fast unmerkliche Aufwärtsbewegung des linken Mundwinkels bewies, dass mehr Leben in dem Mann steckte, als anfangs angenommen.
„Sicher wäre das ein großartiges Geschenk für sie“, fuhr ich fort. „Ich glaube, das kleine Püppchen nehme ich. Was soll es denn kosten?“ Die blasphemische Bezeichnung „Püppchen“ war wohl gesetzt. Nun wartete ich gespannt auf die Antwort. Mir war durchaus bewusst, dass schon die weniger exklusiven Vertreter der Sindling-Sammler-Reihe einen stolzen Preis ihr eigen nannten, der der Größe der Figuren in keiner Weise angemessen schien. Doch da sogar Regine es vermied, über die genauen Beträge Auskunft zu geben, war ich auf eine Überraschung gefasst.

„99,96.“
„Wie bitte?“ Der Schreck war keineswegs nur gespielt. „Das soll doch bloß ein kleines Geschenk werden.
„Das ist der Preis. Es ist eine Rarität.“
„Das mag sein.“ Ich rang mit meiner Fassung. „Aber so viel will ich nun doch nicht ausgeben. Auf Wiedersehen.“ Ich wandte mich zum Gehen.

„An wie viel hatten sie denn gedacht?“
Jetzt hatte ich ihn! „Allerhöchstens die Hälfte, was ich immer noch als sehr viel empfinde.“
„Auf keinen Fall. Es wird sowieso nicht lange dauern und ich bin dieses Goldstück los.“
„Goldstück, aha. Na, dann können Sie ja zufrieden sein.“ Wiederum strebte ich dem Ausgang zu.
„Ich könnte ihn Ihnen für neunzig geben.“

Ich spürte schon jetzt einen zuversichtlichen Triumph in mir aufsteigen, drehte mich um, tat aber keinen Schritt von der Ladentür weg. „Nein danke, bemühen Sie sich nicht. Ich habe gar nicht so viel Geld bei mir.“
„Wie viel haben Sie denn bei sich?“
„Siebzig. Und ich muss noch die Zugfahrkarte bezahlen.“ Ich hoffte, dass ich nicht schamesrot anlaufen würde. Aber ich schien kein schlechter Lügner zu sein.
„Haben Sie denn keine EC-Karte?“
„Kann man hier mit Karte zahlen?“, fragte ich verwundert und in Sorge, meine Strategie würde damit den Bach runtergehen.
„Für die Fahrkarte, meine ich.“
„Ach so.“ Ich war erleichtert. „Aber es sind trotzdem nur siebzig.“

Der Verkäufer schien beim Überlegen noch mehr ins Schwitzen zu kommen als ohnehin schon. Seine Mundwinkel zeigten sich nun beide als beweglich und sackten in den Keller. „Also gut, Sie bekommen ihn für siebzig. Sie sind wirklich gut. So ein schlechtes Geschäft habe ich noch nie gemacht.“

Missmutig packte der arme Mann den Karton in graues Butterbrotpapier, während ich ihm die Scheine auf den Tisch zählte. Als die letzte Banknote auf dem Verkaufstresen lag, bekam ich ein ungutes Gefühl. Ich schaute auf die Uhr. 9.20 Uhr. Ich hatte noch fünf Minuten. Aber irgendetwas stimmte nicht. Ich sah dem Mann zu, wie er eilig das Geld in die Kasse schob. Und langsam dämmerte es mir. Der Tag war noch jung. Wenn der Schreiber-Sindling so begehrt war, warum wartete der Kerl dann nicht einfach, bis der nächste Sammler den Weg in seinen Laden fand und den vollen Preis zahlte?

Ich schaute den Verkäufer an. Seine Mundwinkel hatten zurück zu den Koteletten gefunden. Mehr noch: Sie umrundeten an jeder Seite den Backenbart, um sich mit den haarigen Ohrläppchen des Freaks zu treffen.

Da wusste ich, dass es sicherlich unklug wäre, Regine nach dem wahren Wert des Sindlings zu fragen. Und dass eine ausgeklügelte Strategie immer noch durch eine bessere geschlagen werden kann.