Ein-Satz: „Schönes Fräulein“, sagte der Mann

„Schönes Fräulein“, sagte der Mann. Er deutete eine Verbeugung an, was ihn aber nicht daran hinderte, den Pfeil weiter auf Diderich gerichtet zu halten.
Gunther konnte nicht sehen, was im Innern der Kutsche vor sich ging. Er fiel ihm schwer, sich vorzustellen, dass die Gräfin ihre Aufmerksamkeit dem Schurken widmete. Zu lange schon war ihr Blick aus der Ferne nicht ins Hier und Jetzt zurückgekehrt. Andererseits war diese Situation vielleicht derart außergewöhnlich – und gefährlich –, dass Elisabeth endlich …
Auf einmal keimte Hoffnung in ihm auf, rang mit der Sorge um die Vormacht.

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Ein-Satz: Davon würde ich mich gern selbst überzeugen

„Davon würde ich mich gern selbst überzeugen.“
Gunther konnte sich gar nicht so schnell wundern, wie der Schuft von irgendwo an seinem Körper einen Bogen hervorzauberte, außerdem einen Pfeil, den er noch in derselben Bewegung auf die Sehne legte, die er umgehend spannte, um auf den armen Diederich zu zielen. Die Pfeilspitze blieb auf den alten Kutscher gerichtet, während sich der Fremde langsam der Kabine der Kutsche näherte. Gunthers Sorgen wandten sich schnell von Diderich ab, der ohnehin wirkte, als werde er bei jeder seiner Ausfahrten mit einer Waffe bedroht. Aber wie würde der Schurke, der jetzt mit einer Hand die Tür der Kutsche öffnete, auf die schöne Gräfin Elisabeth reagieren?

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Ein-Satz: Sie kamen nicht weit

Sie kamen nicht weit. Die Mittagsstunde war noch nicht erreicht, als sich ihnen ein Mann in den Weg stellte, als hätte er hier nur auf sie gewartet. Außer dem dunklen Mantel, der am einen Ende bis zum Boden reichte, am anderen in einer weiten Kapuze endete, war von ihm nicht viel zu erkennen. Da er den Kopf zudem gesenkt hielt, konnte Gunther von seinem Gesicht nur das bartlose Kinn sehen. So stand er da im Regen mitten auf der Straße und sagte kein Wort.
„Gebt den Weg frei!“ Diederichs Stimme zitterte.
„Was, wenn ich es nicht tue?“
Es war kaum auszumachen, ob der Satz, in einem tiefen Tonfall gesprochen, tatsächlich von dem Fremden stammte. Bewegt hatte sich dieser jedenfalls nicht. Gunther kam es vor, als hätten die Worte auch direkt aus der Hölle kommen können.
„Ihr täuscht euch, wenn Ihr glaubt, in dieser Kutsche gäbe es etwas zu holen.“
Der Dunkle antwortete nicht gleich, und Gunther hoffte schon, Diederich habe ihn überzeugt.

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Ein-Satz: Es waren nur zwei kleine Gepäckstücke

Es waren nur zwei kleine Gepäckstücke. Mehr hatte die Mutter des Grafen ihrer Schwiegertochter nicht zugestanden. Elisabeth hatte sich nicht gewehrt, sprach sie doch seit dem Tod ihres Mannes kein Wort mehr. Und so sehr Gunther seine Herrin liebte, war er doch froh, als er auf dem Kutschbock Platz nahm. Nicht nur, dass es sich für ihn nicht geziemte, mit der Gräfin in der Kutschkabine zu sitzen, er hätte es in ihrer unmittelbaren Gegenwart auch ein wenig unheimlich und unbehaglich gefunden. Die stumme Elisabeth, deren blaue Augen glasig vor sich hinstarrten, ohne auch nur irgendetwas in ihrer Umgebung wahrzunehmen. Da war der mürrische Diederich auf dem Kutschbock eindeutig der unterhaltsamere Zeitgenosse. Selbst im strömenden Regen.

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Ein-Satz: Einen Moment schien es ihm …

Einen Moment schien es ihm, als ob sie lächelte. Aber er musste sich getäuscht haben, denn schon im nächsten Moment haftete die Trauer wieder an ihr und vermischte sich mit dem Regen, dem sie sich ohne jeden Schutz auslieferte, zu einem Bild der Verzweiflung.
„Oh, Herrin, bittet wartet! Ihr werdet ja ganz nass. Ich geleite Euch mit dem Schirm.“
Die Gräfin antwortete nicht, sah ihn gar nicht an.
„Kommt herein, sonst erkältet Ihr euch noch.“
Sie setzte ihren zarten nackten Fuß auf den matschigen Boden und schritt gemächlich zu den Stallungen, als wandere sie durch einen warmen Sommertag. Wie schlafwandelnd wirkte sie, derweil der Saum ihres weißen Kleides durch die Pfützen schleifte und sich dunkel färbte.
Wieder fiel es Gunther schwer, sich von dem Anblick loszureißen, aber endlich rannte er ins Haus, nur um sogleich wieder umzukehren. Er würde sie doch nicht mehr trocken in die Kutsche bekommen. Stattdessen stürmte er nun an ihr vorbei und winkte Diederich, er möge der Herrin mit dem Wagen entgegenkommen. Schweigend setzte sie sich, durchnässt wie sie war, in die Kabine und starrte auf die gegenüberliegende Wand.
Gunther lief nun wieder ins Haus, um die Koffer zu holen.

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